Diabetes mellitus: Neue Wege der Optimierung der allgemeinen ärztlichen Betreuung (DIANA)
Hintergrund:
Die kontinuierliche Betreuung chronisch kranker Patienten bedeutet für viele niedergelassene Hausärzte in Deutschland einen enormen Arbeitsaufwand. Angesichts der steigenden Zahlen wird einer Verbesserung der medizinischen Versorgung von chronisch Kranken ein immer höherer Stellenwert zugemessen. Am Beispiel des Typ-2 Diabetes mellitus, einer der weltweit häufigsten chronischen Krankheiten mit stetig steigender Inzidenz und Prävalenz, sollte untersucht werden, ob sich bei Diabetespatienten durch eine stärker patientenorientierte Betreuung wesentliche Outcome-Parameter der Diabetestherapie verbessern.
Ziele und Fragestellungen:
Im Epidemiologie-Modul der DIANA-Studie sollte geprüft werden, ob eine patientenorientierte hausärztliche Betreuung, die auch die Ressourcen des Patienten einbezieht, wesentliche Zielparameter der Diabetes-Therapie verbessern kann. Zu diesem Zweck wurde eine versorgungsepidemiologische Kohortenstudie mit Patienten mit Typ-2-Diabetes aufgebaut (DIANA-Studie), in der die hausärztliche Versorgungssituation anhand des Chronic Care-Modells evaluiert wurde. Der Fokus in der zweiten Förderphase lag dabei auf der Untersuchung des nachhaltigen Einflusses eines patientenorientierten Vorgehens (gemäß Chronic Care Modell) auf die langfristigen Zielparameter der Diabetestherapie, wie Blutzuckereinstellung, Auftreten diabetesbedingter Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, funktioneller Einschränkungen, Krankenhauseinweisungen, Lebensqualität und Sterblichkeit.
Im Interventions-Modul der DIANA-Studie wurde darüber hinaus bereits in der ersten Förderphase in einer Subpopulation von Patienten mit unbefriedigender Diabeteseinstellung (d.h., HbA1c>7,5 %) eine randomisiert-kontrollierte Interventionsstudie durchgeführt, um den nachhaltigen Nutzen einer strukturierten Betreuung in Form einer regelmäßigen unterstützenden Telefonberatung durch Medizinische Fachangestellte im Vergleich zur Standardtherapie zu evaluieren. In der zweiten Förderphase wurde überprüft, inwieweit Veränderungen in der Interventionsgruppe auch langfristig über vier Jahre erhalten bleiben konnten.
Studiendesign und Methoden:
Das Vorhaben konnte auf den Vorarbeiten und etablierten Strukturen der ersten Förderphase aufbauen. So bestand bereits eine Datenbank mit Baseline-Daten zu 1.145 Teilnehmern der DIANA-Kohorte sowie mit Struktur-Daten von 38 kooperierenden Arztpraxen. In der ersten Förderperiode war neben der Baseline-Erhebung auch eine Interventionsstudie zur Wirksamkeit supportiven telefonischen Counsellings mit 204 Teilnehmern (Interventionsgruppe n=103, Kontrollgruppe n=101) durchgeführt worden.
Aufbauend auf diesen etablierten Strukturen und erhobenen Daten erfolgten nun in der zweiten Förderphase eine längerfristige Nachbeobachtung der Patientenkohorten nach 4 Jahren mit detaillierter längsschnittlicher Erhebung relevanter patientenorientierter Merkmale. Im November 2012 wurde mit der Nachbefragung der noch lebenden Studienteilnehmer begonnen. Die Hausärzte der Studienteilnehmer wurden gebeten, weitere medizinischen Daten und Diagnosen zum Patienten mitzuteilen und eine Blutprobe zu nehmen. Über Abfragen der Einwohnermelde- und Gesundheitsämter wurde der Vitalstatus aller Studienteilnehmer erfasst und für in der Zwischenzeit verstorbene Teilnehmer die Todesbescheinigungen zur Erfassung der Todesursachen angefragt.
Die Auswertungen der Daten erfolgten mit Standardverfahren sowie elaborierten Verfahren für epidemiologische Längsschnittstudien. Alle Analysen wurden mit SAS v. 9.3 durchgeführt.
Ergebnisse:
In der langfristigen Evaluation der Intervention zum supportiven Telefoncounseling konnten keine signifikanten langfristigen Effekte nachgewiesen werden. Zwar deutete sich in der Interventionsgruppe ein signifikant niedrigeres Sterberisiko an, auf Grund der geringen Fallzahlen kann es sich hier allerdings auch um einen Zufallsbefund handeln.
Die Ergebnisse zum Stand der Versorgung zeigen, dass die hausärztliche Versorgung von Patienten mit Typ-2 Diabetes im Durchschnitt gut ist. Der HbA1c-Wert als bedeutender Zielparameter der Diabetestherapie lag im Patientenkollektiv der DIANA-Studie zum Zeitpunkt der 4-Jahres-Nacherhebung innerhalb des Zielkorridors der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes. Hinsichtlich der Patienteneinschätzung der Versorgungssituation basierend auf dem Chronic Care-Modell (gemessen mit dem PACIC-Instrument) zeigt sich eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit mit der hausärztlichen Patientenversorgung. Die mit dem PACIC gemessene Konsistenz der Versorgungsqualität war zudem mit der Prognose der Patienten über vier Jahre Follow-up assoziiert. So zeigten sich signifikante Assoziationen zwischen PACIC-Werten und einem niedrigeren systolischen sowie diastolischen Blutdruck, allerdings nicht mit dem HbA1c. Darüber hinaus war das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse der Tendenz nach reduziert, allerdings nicht statistisch signifikant. In explorativen Analysen zeigte sich jedoch, dass die Patientenaktivierungs-Subskala nicht nur ebenfalls mit systolischem und diastolischem Blutdruck signifikant assoziiert war, sondern auch mit schweren kardiovaskulären Ereignissen. Diese Befunde deuten auf ein reduziertes kardiovaskuläres Risiko für Patienten hin, deren Versorgungssituation nach den Prinzipien des Chronic Care-Modells ausgerichtet ist.
Publikationen und Präsentationen:
- G Rüter, U Mons, H Brenner. Neue Optimierungswege der allgemeinärztlichen Betreuung bei Typ-2-Diabetes – Ergebnisse der DIANA-Studie. Der Diabetologe 2014; 10: 207-216
- G Rüter, U Mons, H Brenner. Lassen sich gefährdete Diabetes-Patienten einfach erkennen? – Ergebnisse des 4-Jahres-Follow up der hausarztbasierten DIANA-Studie. Vortrag auf dem Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Hamburg, 20. September 2014 (Abstract publiziert in: German Medical Science 2014; doi: 10.3205/14degam167)
- U Mons, T Rosemann, G Rüter, D Rothenbacher, H Brenner. Is implementation of the chronic care model associated with improved outcomes in diabetes patients? Findings from the DIANA study. Vortrag auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie, Ulm, 17. September 2014
- U Mons, E Raum, HU Krämer, G Rüter, D Rothenbacher, T Rosemann, J Szecsenyi, H Brenner. Wirksamkeit einer patientenorientierten telefonbasierten Counseling-Intervention in der hausärztlichen Diabetesversorgung: Randomisiert-kontrollierte Studie. Vortrag auf dem Deutschen Kongress für Versorgungsforschung, Berlin, 23. Oktober 2013 (Abstract publiziert in: German Medical Science 2013; doi: 10.3205/13dkvf085)
- U Mons, E Raum, HU Krämer, G Rüter, D Rothenbacher, T Rosemann, J Szecsenyi, H Brenner. Effectiveness of a supportive telephone counseling intervention in type 2 diabetes patients: randomized controlled study. PLOS One 2013; 8: e77954
- G Rüter, E Raum, D Rothenbacher, H Brenner, J Szecsenyi, HU Krämer, U Mons. Verbessert supportive, telefonbasierte, persönliche Beratung durch medizinische Fachangestellte die Versorgung von Typ-2-Diabetikern mit schlechter Stoffwechselsituation? Ergebnisse der DIANA-Studie. Vortrag auf dem Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Rostock, 22. September 2012 (Abstract publiziert in: Z Allg Med 2012; 88 (Sonderausgabe): S. 82)
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